Samstag, 2. Oktober 2010

Bangkok

Habe mir am Rande von Chinatown ein gemuetliches Gaestehaus gesucht, mit sympathischen Mitarbeitern und einem sehr offenem Konzept. Die Lage ist ideal: ich kann Abends durch die kleinen Gassen Chinatowns wandeln und Dinge bestaunen und wahrnehmen, die ich noch nie zuvor gesehen, geschweige denn gerochen habe. In den Schaufenstern der Restaurants und Apotheken finden sich Dinge wie Haiflossen unterschiedlichster Groessen und Allerlei getrocknete Tierchen (zumindest erinnert es an Lebensformen). Das Essen ist wie ueberall in Asien wunderbar! Eine frische Nudelsuppe von einem der kleinen Strassenstaenden gibt einem die noetige Energie.

Man sollte meinen ich hatte in den vergangenen Wochen bezueglich unerwarteter Begegnungen genug Glueck fuer mehrere Reisende zusammen. Doch es sollte mich auch gestern nicht im Stich lassen. Den Grossteil meines Tages habe ich im BACC - Bangkok Art & Culture Center - verbracht. Das Center vereint auf mehreren Ebenen zahlreiche Gallerien, Cafes, Workshops und Ausstellungsflaechen fuer temporaere Ausstellungen. Zu meinem Glueck ist an diesem Wochenende eine Art Jazz-Festival im BACC, wo verschiedene Kuenstler auftreten und Workshops anbieten. Zwei eben jener Kuenstler haben in einer kleinen Gallerie ihre Jazz-Gitarren ausgepackt und drauf losgespielt. Zu Beginn waren es nur die Besitzerin, die beiden Kuenstler und ich, spaeter kam noch ein weiterer Kuenstler dazu. Er ist taubstumm, was es umso interessanter gemacht hat, als er sich mit Hilfe von Zeichensprache mit einem der beiden Gitarristen unterhalten hat. Malen und Musik: zwei unterschiedliche kreative Ausdrucksformen als verbindendes Element der beiden. Ich durfte mir nach einer Weile das Skizzenbuch des taubstummen Kuenstlers anschauen, mit Erlaeuterungen des Urhebers in Form von Gesten und Notizen auf seinen Haenden. Von grosser persoenlicher Bedeutung war eine kleine Portraet-Schnellskizze, die er von mir gemacht hat - habe sie anschliessend geschenkt bekommen. Insgesamt die perfekte Kombination: Kunst, Jazz, Kaffee und Gespraeche!

Zurueck im Gaestehaus, wurde ich von einem der hier naechtigenden Chinesen zum Bier trinken eingeladen. Man braucht kein Chinesisch zu sprechen um die Geste zu verstehen, mit der er mich eingeladen hat. Meine Vermutung, dass wir in eine Bar um die Ecke gehen, wurde schnell korrigiert, als wir auf einen weiteren Chinesen und einen Thailaender trafen, mit denen wir anscheinend verabredet waren. Mit dem Auto sind wir in das Herz von Chinatown gefahren - wie sich herausstellte war es ein Business-Essen unter Geschaeftspartnern - um dort den Abend zu verbringen. Wie in Asien ueblich, bestellt man alles auf der Karte, was einen irgendwie interessieren koennte und am Ende steht alles in der Mitte. Eine sehr angenehme Art des Essens, weil es das Gefuehl von Willkommen- und Offenheit ausstrahlt und man viele unterschiedliche Dinge probieren kann. So durfte mir dann auch die Ehre zu teil werden das erste Mal im Leben Schnecken zu essen. Es war auch eine Selbstverstaendlichkeit der Anwesenden mich einzuladen und mir das Maximum an Essen und Bier aufzudruecken. Aber nicht nur das, sondern auch eine Einladung nach China wurde ausgesprochen.

Morgen ist mein letzter Tag in Asien. Ich hatte die Befuerchtung das Bangkok als Abschluss ein wenig die Stimmung trueben koennte, weil ich mich in den entlegenen Gebieten wohler fuehle. Doch die Stadt gefaellt mir. Wenn man sein eigenes Tempo findet und nicht im Gewuehl der Menschenmassen und Lautstaerken untergeht, gibt es viele spannende Ecken in der Stadt.

Danke an alle Leser dieses Blog fuer die gefuehlte Begleitung! Ueber die Erlebnisse zu schreiben ist die eine Sache, aber zu wissen das andere daran teilhaben, macht es umso wertvoller.
Werde Asien wieder mit einem weinenden und einem lachenden Auge verlassen. Es gibt so viel zu sehen auf dieser Welt, aber ich bin mir sicher, dass ich nicht das letzte Mal hier war. [Wehmut]