Samstag, 4. September 2010

HCMC - Ho Chi Minh City (Saigon)

Nun bin ich ein Alleinreisender. Der Abschied von Imke liess mich schweren Herzens in den Minibus gen vietnamesischer Grenze steigen. Die Zeit verging viel zu schnell!
Der besagte Minibus brachte mich an den Mekong, wo ich im Garten eines Hauses auf das Boot wartete, dass mich nach Chau Doc in Vietnam bringen sollte. Mein gut durchdachter Plan auf dem Boot die ersten Kontakte zu knuepfen, wurde schon in Phnom Penh kompromitiert: ich sollte die 27 m lange Barkasse ganz fuer mich allein haben. Ein wahrlich authentischer Einstieg in das Alleinreisen. Im Garten lag ich die meiste Zeit in der Haengematte, denn aus den 20 Minuten wurden zwei Stunden. Normal in Kambodscha: es wird immer entweder 10, 15 oder 20 Minuten dauern, egal was man macht oder worauf man wartet. Eine weitere Nachfrage nach verstrichener Zeit "x" wird mit dem Ursprungswert beantwortet. Haette ich in meinem Fall nachgefragt, haette ich sechs mal 20 Minuten gehoert.
Meine Wartezeit habe ich nicht nur in der Haengematte liegend mit frischem Kokosnuss-Drink verbracht, sondern habe ich mich mit Haenden und Fuessen mit zwei anderen Kambodschianern angefreundet. Man verbildliche sich folgende Situation 1: Jonas hat eine gute Erste Hilfe Ausruestung dabei. Der eine Kambodschianer ist mit dem Moped gestuerzt, der andere hat sich mit der Axt in sein Bein gehauen. 15 Minuten spaeter sitzen beide mit Pflastern und Verbaenden uebersaeht mit einer frisch gedrehten Crossroads-Zigarette im Mund vor mir. Ein Erleichterung und Zufriedenheit ausdrueckendes Laecheln in den Gesichtern der drei Gestrandeten.
Nach zwei Stunden sass ich dann auf meinem Privat-Boot. Der Guide und Kapitaen kommen beide aus Vietnam. Zwei Gesellen eher speziellerer Natur. Der Kapitaen hatte die Angewohnheit das Steuerrad mit seinen Fuessen zu justieren und dabei gemuetlich ein Buch zu lesen. Das hatte unweigerlich zur Folge, dass wir mehrere Male gefaehrlich Nahe auf das Ufer zugesteuert sind. Ein Raeuspern von meinem gemuetlichen Stuhl hinter ihm hat dann aber gereicht, seine Aufmerksamkeit wieder auf das Wasser zu richten. Der Guide war ein guter Gespraechspartner, mit dem ich u.a. ueber die Probleme der Korruption diskutiert habe. Keine zwei Minuten nach der Unterhaltung drueckt der Guide dem Grenzposten auf kambodschianischer Seite im Vorbeigehen einige Geldscheine in die Hand. Soll ja schnell gehen. Danach macht er sich ueber die Tatsache lustig, dass auf dem Grundstueck des Grenzpostens der eine oder andere Mercedes und Lexus steht.
500 Meter weiter die vietnamesische Grenze. Laut Guide die richtigen Zutaten zum schnellen Ueberqueren: man mische freundliches Laecheln mit der noetigen Portion Geld.
Meine Zutaten einer guten Schifffahrt: Eine Drachenfrucht + Taschenmesser.

Der naechste Tag in Chau Doc, Situation 2: 6:30 aufstehen. Nach Wiederkehr der Sinne realisieren: schaebige Absteige. Rechtfertigung: Preis. Kalte Dusche in schaebigem Bad. Ein Kaffee und Fruehstueck werden es schon richten. In drei Restaurants die Karte gecheckt. Gedaempfter, gekochter oder gegrillter Frosch... Nudeln oder Reis mit Allerlei. Immerhin den Kaffee habe ich bekommen. Es folgen 6 Stunden Busfahrt nach Ho Chi Minh City. Der Junge neben mir hat die Angewohnheit in regelmaessigen Abstaenden zu kotzen. Gut das ich ein paar kleine Tueten im Rucksack habe.
Das sind Situationen wo man sich fragt, warum mache ich das eigenlich? Aber in Saigon angekommen, wurde mir schnell klar warum.
Situation 3: Jonas kommt am Busbahnhof an. Nach harten Verhandlungen zu meinem Nachteil, finde ich einen Motorradfahrer. Mit old-school Helm auf den Kopf, den grossen Rucksack auf dem Ruecken, den kleinen vor dem Bauch, sitze ich auf dem Sattel des Motorrad und fahre 2o Minuten (Zeitangabe in diesem Fall nach deutschen Massstaeben) quer durch Saigon. Ein Gefuehl der Freiheit kommt durch.

Mein jetztige Absteige ist wesentlich angenehmer als die in Chau Doc. Eine Familie betreibt im Erdgeschoss einen Klamottenladen, in den Zwischen-Etagen Pflegestudios und zu vermietende Zimmer und auf dem Dach mein Domizil! Gemuetliche Atmosphaere, nette Leute.
Meine erste Tat, in Gedanken schon auf der Fahrt neben dem kotzenden Jungen gereift, einen Kaffee und eine Zigarette. Hatte kurzzeitig das Gefuehl mich einsam zu fuehlen. Aber nach fuenf Minuten habe ich einen Oesterreicher kennengelernt, der fuer eine Woche in Saigon war um Freunde zu besuchen. Habe mich mit Alex am Abend zum Essen verabredet. In der Zwischenzeit habe ich meinen zweiten im Bus gereiften Plan in die Tat umgesetzt: Einen Wasserpark besuchen! Mein Grundgedanke: porentiefe Reinheit. Die Realitaet holt einen aber schnell auf den schmutzigen Boden des Schwimmbades zurueck. Das Gefuehl der Freiheit wird, durch das Gefuehl ein Alien zu sein, verdraengt. Es scheinen in der Regel nicht viele Weisse in das Schwimmbad zu gehen. Hier wurde ich auch das erste Mal mit dem System konfrontiert: Meine Badehose entsprach nicht dem Einheitsgedanken... Shorts traegt man hier nicht. Nach Diskussion mit dem Bademeister, durfte ich passieren. Es folgte eine weitere mit einem Vietnamesen, den ich mit meinem europaeischen Werten und Normen vermutlich etwas ueberrumpelt habe. Immerhin konnte ich ihm den Satz "Wir sind nicht frei" entlocken.

Am Abend folgte das verabredete Abendessen und die Taxifahrt in eine Bar, wo ich einen aus Los Angeles stammenden Amerikaner mit hollaendisch-indianischen Wurzeln kennenlernen durfte. Saigon hat das Potential seine Besucher zu verschlucken und aus den Tiefen seines Schlundes nicht so schnell wieder loszulassen. Im Falle von Brent waehrt die Faszination seit fuenf Jahren, die er hier als Englischlehrer verbringt. Ich schaetze mal, dass Alex auch wiederkommen wird - wuerde es ihm wuenschen.
Es war ein ausgesprochen toller Tag in dieser faszinierenden Stadt, die ich nun weiter erkunden werde. Saigon hat eindeutig seinen eigenen Charme.

1 Kommentar:

  1. Hallo Jonas,
    bei solch einer Reise weiss ich nicht ob ich mit dir tauschen möchte. Ich wuensche dir noch viele schoene Abenteuer. Schoene Gruesse aus Sulingen. Hartmut

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