Samstag, 11. September 2010

Hue / Tam Coc / Hanoi

Die vergangene Woche war gepraegt von den taeglichen Mini-Abenteuern und Begegnungen mit vielen verschiedenen Menschen, die einen in dieser Welt umgeben.

Meine beiden letzten Tage in Saigon habe ich mit Eymerick verbracht, nunmehr der Siebte in Paris lebende Asien-Reisende den ich bisher getroffen habe. Zusammen haben wir die Pagoden Chinatowns erkundert, Huehnerfuesse gegessen und in der Nacht abgelegene Stadtviertel besucht. Ein Tag laenger in Saigon und ich waere vermutlich an eine der zahlreichen Toechter im Hause meiner Unterkunft verheiratet worden.

Ein Inlandsflug brachte mich nach Hue, der intellektuellen Universitaetsstadt im mittleren Teil Vietnams, die von 1802 bis 1945 die Hauptstadt dieses Landes war. Eigentlich wollte ich die Zitadelle mit der Verbotenen Stadt (UNESCO Weltkulturerbe) besichtigen und mit dem Boot die umliegenden Kaisergraeber besuchen. Doch haben mich zwei entscheidende Dinge davon agehalten: zum einen wollte ich mich von einer leichten Grippe erholen, zum anderen wurde ich auf dem Weg zu der Zitadelle aufgehalten. Am Wegesrand sassen sechs Mediziner, die bei einem indischen Pharma-Unternehmen beschaeftigt sind. Der Chef feierte seinen 65. Geburtstag mit zwei Kisten Huda-Bier und einem freien Tag fuer seine Angestellten. Ich durfte fuer ein paar Stunden teil dieser aeusserst amuesanten und aussergewoehnlichen Situationen sein. Nachdem ich mich mit allen Sechs angefreundet habe, wurde mir die Ehre zu Teil die Bueros ihrer Firma zu besuchen. Ehe ich mich versah, sass ich in einem Konferenzraum und befand mich mitten in einem Meeting. Die Anwesenden hatten Probleme ein Fax aus Thailand zu lesen und darauf geschriebene Nummer zu waehlen. Da das Geburtstagskind sich kurzerhand dazu entschied lieber zu Schlafen, musste ich vom thailaendischen Englisch in vietnamesisches Englisch uebersetzen und die Nummern waehlen (dank Reisefuehrer hatten wir die Vorwahlen von Thailand und Laos). Wenn die Situation vorher aussergewoehnlich war, so wurde sie hier im positiven Sinne grotesk.
Bevor ich die spassigen Sechs auf der Strasse traf, habe ich in einem Kuenstlerladen eine Vietnamesin kennengelernt, die etwas Deutsch sprechen konnte. Sie hat mich am Abend des selbigen Tages zum Essen mit der Familie eingeladen. Ich bin quasi vom Meeting in der Pharmafirma, direkt zum Essen bei der Familie gegangen. Da mich am naechsten Tag ein Bus nach Ninh Binh bringen sollte, hatte ich leider keine Zeit mehr die Sehenswuerdigkeiten zu besichtigen - was aber angesichts der Alternativen nicht weiter schmerzlich war.

Eine 13-Stunden Busfahrt brachte mich nach Ninh Binh, etwa zwei Stunden suedlich von Hanoi. Da die Halong Bay zwar Einzigartig sein soll, aber gleichzeitig auch touristisch vollkommen Ueberlaufen, entschied ich mich fuer eine unbekanntere Alternative. Von Ninh Binh bin ich mit einem Moto in das zehn Kilometer entfernte Tam Coc gefahren. Ein verschlafener Ort, der in aller Munde die "trockene Halong Bay" genannt wird. Hier sind dieselben markanten Felsformationen zu finden, umsaeumt von Reisfeldern, anstatt vom Meer. Da mein Bus morgens ankam, hatte ich den Rest des Tages Zeit mit einem gemieteten Fahrrad durch die traumhafte Landschaft zu fahren.
Tagsueber kommen viele Tagesreisenden nach Tam Coc, um von dort aus mit einem Ruderboot auf dem Tam Coc Fluss durch die Felsen und Grotten zu rudern. Ich entschied mich am Abend in einem der Restaurants zu Essen, da ich dachte ein belebteres als das in meinem Hotel zu finden. Doch die Stadt ist Nachts wie ausgestorben. Keine Strassenlichter. Keine Touristen. Allein in einem der Restaurants, setzte sich der Besitzer zu mir. Sein Englisch war sehr rudimentaer, weswegen wir im Verlauf der folgenden vier Stunden dazu uebergingen, unsere Unterhaltungen mit Stift und Papier zu fuehren und dabei vietnamesischen Tee zu trinken. Ein sehr gebildeter Mann, der viel mitzuteilen hatte. Da die Gemeinsamkeit unserer beiden Sprachen die Verwendung von Zahlen war, hat sich ein Grossteil unseres Abends auch auf diese beschraenkt. Weil ich so begeistert von dem Tee war, hat er mir ein wenig davon als Geschenk fuer meine Familie mitgegeben. Ich habe ihm versprochen, dass wir den Tee trinken, wenn ich die Fotos meiner Reise zeige und ihm ein Bild davon schicke.
Am naechsten Morgen wollte ich das erleben, was die Reisenden nach Tam Coc bringt: die Bootstour. Allerdings hatte ich den entscheidenen Vorteil um 6:30 aufstehen zu koennen direkt vom Hotel am kleinen Hafen loszufahren. Ich war also neben meinen beiden vietnamesischen Begleitern vollkommen Allein auf dieser atemberaubenden Fahrt.
Einer der Mitarbeiter im Hotel hat mir eine guenstige Busfahrt nach Hanoi mit einem der Tagesbusse organisiert. Als einer der Mitreisenden frueher von der Bootsfahrt zurueckkam als die anderen, habe ich mich lange mit ihm unterhalten und ihm Teile der kleinen Stadt und des Umlandes gezeigt, die ich am Tag zuvor entdeckt hatte. Ein ueberaus angenehmer Gespraechspartner aus Australien, der dort als Richter gearbeitet hat und seinen Ruhestand damit verbringt als Freischaffender Autor fuer Zeitschriften zu schreiben - mit stolzen 80 Jahren ein agiler Mann, der nach dem Tod seiner Frau durch das Alleinreisen eine ganz individuelle Form der Ablenkung und Verarbeitung gefunden hat.

Nun sitze ich in meinem Hostel in Hanoi. Schlafe in einem guenstigen 12-Bett Zimmer, welches den Vorteil hat, dass man auf viele Gleichgesinnte trifft. Habe den heutigen Tag mit drei Physio-Therapie Studenten aus London verbracht, die mich heute Morgen gebeten haben im Internet zu schauen, was man in Hanoi machen kann. Es wurde ein Kunst-Kultur Tag mit Ausstellungen und als Highlight eine Kurzfilm-Vorfuehrung von drei jungen vietnamesischen Regisseuren.
Momentan ueberlege ich, ob ich morgen einen Bus nach Sapa in den Bergen nehme, oder direkt nach China fahre. Ihr werdet es im naechsten Beitrag lesen!

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