Samstag, 18. September 2010

YuanYang / Luang Nam Tha

Seit meinem letzten Eintrag habe ich so viele Dinge erlebt, dass ich gar nicht weiss, wo ich Anfangen soll. Am besten chronologisch:
In Hanoi habe ich mich dazu entschlossen nicht wie geplant nach Sapa im Norden Vietnams zu fahren, sondern einen Nachtzug direkt zur chinesischen Grenze zu nehmen. Ich dachte mir ein Sitz in der regulaeren Klasse, anstatt eines Bettes im Schlafwagen, wuerde mir die Moeglichkeit verschaffen meine Sichtweise auf die Vietnamesen in letzter Instanz zu aendern. Dem war leider nicht so. Der Vietnamese im Allgemeinen neigt dazu anderen Leuten mit einem zur Unfreundlichkeit tendierenden Argwohn zu entgegnen. Ausserdem scheint auf der Stirn eines jeden Touristen ein grosses neonfarbenes Dollarzeichen zu stehen, welches im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht.
Demnach war ich froh nach Sued-China zu fahren, wo ich hoffte auf einsame Bergwelten zu treffen, dessen Klima ein wenig ertraeglicher sind, als die konstanten 35 Grad und 70 % Luftfeuchtigkeit der vorherigen vier Wochen. Meine Erwartungen wurden bei weitem Uebertroffen! Zwar war es mit Anstrengung verbunden die Nacht im Zug zu verbringen und an der Grenze warten zu muessen, doch der Bus nach YuanYang sollte der Beginn einer abenteuerlichen Reise quer durch diese surreale Welt werden. Ich haette nicht erwartet im Bus in das kleine Bergdorf YuangYang andere Reisende zu treffen, vor Allem weil ich der einzige Weisse war, der die Grenze zu China an dem Morgen ueberquert hat. Es ueberraschte mich ein Paerrchen aus den Niederlanden anzutreffen, die ebenfalls nach YuanYang gefahren sind. Gea und Roger sind auf Weltreise und bereits seit sechs Monaten unterwegs, davon zwei Monate in China. Zuvor waren sie in Nepal, Tibet, Indien, usw. - sogar in einem auf 5000 m gelegenen Camp auf dem Mount Everest. Die Busfahrt fuehrte durch die wunderschoene vom Dschungel ueberwucherte Bergwelt Yunnans, der sued-chinesischen Provinz, hinauf zur Stadt YuanYang, die auf etwa 1600 m mitten in den Bergen liegt. Nach insgesamt 20 Stunden Fahrt tat es gut ein Gaestehaus direkt neben dem Busbahnhof zu finden, von dessen Terasssen man einen unvergleichlichen Blick in die Taeler der umliegenden Berge hatte. Am Abend sind Gea, Roger und ich Essen gegangen und haben Erfahrungen und Geschichten ausgetauscht. Ausserdem entschlossen wir uns am naechsten Tag die umliegenden Doerfer zu besichtigen, die Heimat verschiedener ethnischer Minderheiten sind.
Am naechsten Morgen musste ich um 5 Uhr aufstehen, inzwischen eine fast gewohnte Uhrzeit. Zusammen mit Gea, Roger wurde leider krank, einem Fahrer und unserer chinesischen Fuehrerin, sind wir etwa 15 km zu einem Aussichtspunkt gefahren, um den Sonnenaufgang zu sehen. Es bot sich eine mystisch-wolkenverhangene Szenerie. Die vorbeiziehenden Wolken gaben nur fuer Sekunden die unendlichen Weiten preis. Anschliessend sind wir zu einem nahegelegenen Markt gefahren, wo am Morgen die verschiedensten Bewohner der umliegenden Doerfer zusammentreffen. Wasserbueffel wurden in der Strasse geschlachtet und Frauen in bunten Trachten haben Gemuese und Tabak verkauft. Am Vormittag endete der erste Teil der Tour nach einem Spaziergang durch die Reisfelder.
Die Region lebt vorwiegend vom Reisanbau, welcher sich in Form von unendlichen Terassen an die Haenge der Berge schmiegt. Eben diese Welt haben wir am spaeten Nachmittag zusammen mit zwei weiteren Reisenden bestaunen koennen. Es ist kaum in Worte zu fassen, wie umwerfend schoen diese Landschaft ist. Ich habe mich nach dem Grossstadtleben sehr wohl Gefuehlt, abseits jeglicher Touristen-Ziele in dieser friedlichen und erfrischenden Umgebung zu sein. Der Tag sollte mit dem Sonnenuntergang enden, doch wie schon am Morgen waren es die Wolken, die man bestaunen konnte. Franzi, aus der Schweiz, Krystal aus Frankreich (selbstverstaendlich aus Paris) und Gea haben sich dazu entschlossen den potentiellen Sonnenuntergang von einem Aussichtspunkt aus anzuschauen, doch ich wollte lieber fuer mich allein sein und nicht den Eintritt bezahlen. Der Fahrer hat mich an einem Punkt abgesetzt, von dem man ca. 10 Minuten durch den Dschungel laufen musste, um auf einem Bergruecken anzukommen, von dessen vorspringenden Hang ich eine unbeschreibliche Sicht auf die Taeler und Berge hatte. Dieser Moment war definitv einer der Hoehepunkte meiner Reise.
Zurueck in YuanYang hatte ich mir eigentlich vorgenommen den Blog zu schreiben, doch musste ich schnell feststellen, dass in China Blogspot und saemtliche andere Google-Produkte komplett oder teilweise gesperrt sind. Diese Worte wird man in China demnach nicht lesen koennen.
Nach zwei Naechten in YuanYang wollten Franzi und Krystal einen Bus in die Richtung der laotischen Grenze nehmen. Also habe ich mich kurzerhand dazu entschlossen mich den beiden anzuschliessen. Eigentlich war geplant, dass ich bis zur naechsten Stadt mit ihnen unterwegs bin, doch eine Verkettung von Ereignissen hat dazu gefuehrt das ich immernoch mit den beiden Reise. Der besagte Bus sollte uns nach Luchun, westlich von YuanYang, bringen. Doch heftige Regenfaelle in der Nacht haben dazu gefuehrt, das in weiten teilen Yunnans durch Erd- und Schlammlawinen die Strassen unpassierbar wurden. So endete unsere Fahrt an einer dieser Stellen. Ein reissender Fluss, mehr Schlamm als Wasser, hatte die Strasse vor uns mit Geroell ueberflutet. Das Wasser kam immernoch in Stroemen aus den Bergen. So waren wir gezwungen samt unseres Gepaeckes die kommenden Stunden mehrere dieser Stellen in knietiefen Schlamm zu durchqueren und bei stroemenden Regen auf den schmalen Serpentinen zu wandern. Doch wie schon in Yunnan, ist diese Welt so wunderschoen, dass ich Gluecklich war, dieses anstrengende Abenteuer erleben zu duerfen. Am letzten Schlamm'assel angekommen, mussten wir eine Anhoehe passieren, da die Strasse auf etwa zehn Metern weggebrochen war. Es gab von hier aus einen Mini-Van, der uns nach Luchun gebracht hat. Von hier aus hatten wir das "Glueck" direkt danach einen Bus nach Jiangcheng zu erwischen, da alle anderen Routen nicht mehr passierbar waren. Nach geschlagenen 13 Stunden Busfahrt und Wanderung, haben wir dort einen Nacht verbracht, um am naechsten Morgen einen weiteren Bus nach Jinghong zu nehmen und von hier aus den naechsten nach Mengla; an dem Tag ebenfalls 12 Stunden Busfahrt, inklusive im Schlamm steckengeblieber LKW's und Gelaendewagen, die eine zugleich noetige wie auch anstrengende Pause boten.
Doch die Landschaften waehrend des Bus-Marathon waren, ich muss es wieder erwaehnen, faszinierend! Bananen-, Tee- und Kautschukplantagen, Reisfelder, nebelverhangene Gipfel auf 2500 m, Schlammpisten durch den Dschungel und ein Zwischenstop in einem Fluss, dessen Flanken von Wasserfaellen gesaeumt waren, um sich vom Schlamm der Wanderung zu befreien. Der dritte Tag der Reise brachte uns endlich zur laotischen Grenze, die wir schnell passiert hatten. Von hier aus haben wir einen Bus nach Luang Nam Tha genommen, jene Stadt in der wir nun die erste Nacht verbracht haben. Krystal und Franzi waren froh China nach insgesamt zwei Monaten in dem Land verlassen zu haben. Beide haben sich unweit von YuanYang zufaellig getroffen und sich kurzerhand dazu entschlossen gemeinsam zu reisen. Und beide machen ebenfalls eine Weltreise. Franzi war erst in Ost-Europa unterwegs, dann mehr als einen Monat in Russland, zwei Monate in der Mongolei und nun zwei Monate in China. Krystall hat fuer laengere Zeit ebenfalls in der Mongolei gelebt - ihr Traum ist es, mit einem Segelschiff von Asien aus nach Argentinien zu fahren. Es ist ziemlich interessant und bereichernd (aber auch gleichzeitig verrueckt), dass die einzigen Touristen die ich in Sued-China getroffen habe, alle eine Weltreise machen. Bin gespannt auch nach meiner Rueckkehr nach Deutschland den Weg der beiden zu verfolgen. Ich mag an Asien, dass man nie weiss wie der Tag endet - manchmal weiss ich nicht, wo ich am naechsten Tag hinfahre, wie ich dort hinkomme, oder wem ich auf der Reise begegnen werde. Solch eine Reise ist wie ein Mosaik aus verschiedenen Formen und Farben, welches man Stueck fuer Stueck zusammensetzt.
Heute morgen konnte ich die beiden Maedels dazu ueberreden ein Mountain Bike zu mieten, um die umliegende Landschaft zu erkunden. Ich koennte wieder Anfangen in Begeisterung zu schwelgen, doch werde ich mir das fuer die zahlreichen Fotos aufheben, die ich im Nachhinein zeigen kann.

Mein erster Eindruck von Laos ist ueberaus positiv. Die Menschen hier sind freundlich und zuvorkommend - man hat nicht das Gefuehl ein wandelndes Dollar-Zeichen zu sein.

Auch jetzt weiss ich nicht, wo ich in den kommenden Tagen stranden werde. Habe gestern ein Maedel aus Singapur kennengelernt, die in London ihren Master in Presse-Fotografie macht. Ihre Abschlussarbeit ist ueber den Strukturwandel in Laos. Morgen wird sie mit einem Bier-LKW (hier wird das beruehmte Beer Lao produziert) in die Hauptstadt nach Vientianne fahren. Eventuell schliesse ich mich an und lasse mich in Luang Prabang rauswerfen. Oder ich nehme einen Bus nach Nong Khiaw, einer kleinen Dschungelstadt weiter westlich, in der es nur vier Stunden pro Abend Elektrizitaet gibt.
Oder lande ich ganz woanders? Wie immer mehr im naechsten Blog-Eintrag!

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